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Dar​auf sollten Sie als Führungskraft bei der Übernahme eines neuen Verantwortungsbereichs achten

von wirtschaftstelegraph

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Thomas Krings gilt als Game Changer beim Thema Führung. Seine Thesen finden Beachtung in den Chefetagen namhafter Unternehmen. In seinem Podcast „Fokus Führung“ teilt er sein Wissen und gibt wertvolle Impulse. Grund genug, ihn im Wirtschaftstelegraph zum Kolumnisten zu machen. Viele seiner Texte basieren auf seinem Podcast, den es hier auch zum Nachhören gibt. Er teilt hier Führungswissen für Leader von morgen.
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Übernahme eines Unternehmens oder Verantwortungsbereichs

​Diese Episode ist insbesondere für Führungskräfte interessant, die ein Unternehmen von ihren Eltern übernehmen möchten oder bereits übernommen haben und auch für Führungskräfte, die ein neues Team, oder einen neuen Verantwortungsbereich führen. Aufgewachsen als Kind einer alten Unternehmerfamilie habe ich als fünfte Generation nach dem Studium das Unternehmen meines Vaters übernommen. Mein wichtigstes Ziel als Sohn war natürlich zunächst mal, meinem Vater zu beweisen, was ich so draufhabe. Wo und wie geht das besser, als dafür zu sorgen, dass sich die Umsätze erhöhen? Also machte ich mich auf in den Außendienst und kümmerte mich um Neu- und Bestandskunden und steigerte den Umsatz in relativ kurzer Zeit erheblich. Soweit so gut. Viele Aufträge bedeuteten natürlich auch viel Arbeit für den Innendienst. Meine Verkaufssachbearbeiter waren alles Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Jahre, teilweise sogar bereits Jahrzehnte im Unternehmen arbeiteten. Geführt wurden sie ebenfalls schon seit Jahrzehnten von einem Verkaufsleiter. Wie das so bei Generationswechseln üblich ist oder oft vorkommt, gab es hier Konfliktpotenzial. Der alte erfahrene Hase muss den neuen – in seinen Augen hinter den Ohren noch grünfarbigen – Vorgesetzten erstmal akzeptieren, also mich. Als Mensch hat er mich damals vielleicht auch akzeptiert, aber die Art und Weise, wie ich Mitarbeiter geführt habe, lag ihm überhaupt nicht. Das stellte ich allerdings erst später fest. Mein Führungsstil war und ist eine lange Leine. Immerhin hatte ich Mitarbeiter, die extrem erfahren waren und ich somit davon ausgehen konnte, dass die Mitarbeiter von allein wissen, was sie tun müssen. Mein Verkaufsleiter war aber ein Freund der extrem kurzen Leine und einer gewissen Beamtenmentalität: Alles muss extrem geregelt sein, alle Prozesse in seinem Verantwortungsbereich waren starr. Handlungs- und Entscheidungsspielräume für die Mitarbeiter gab es nicht. Es war also genau das Gegenteil von der Art, wie ich mit Mitarbeitern umgehe.

​Mitarbeiterführung: Kurze vs. lange Leine

Wenn ich in der Firma war, versuchte ich natürlich, meinen Führungsstil umzusetzen. Sobald ich aber außer Haus war – und das ist ja nun mal nötig, wenn der Vertrieb angekurbelt werden soll – zog er sofort die Leine wieder auf kurze Länge, was dazu führte, dass ich im Außendienst nie den richtigen flexiblen Support meiner Innendienstmitarbeiter erhalten habe. „Mach mal schnell …“, „Tu mal schnell …“, „Entscheide selbst …“ – all diese Dinge waren dann gar nicht möglich.

Dieses Hin und Her zwischen meinem langjährigen Verkaufsleiter und mir dauerte einige Jahre und kostete unendlich viel Kraft. An Kündigung des Vertriebsleiters war aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit kaum zu denken. Sicherlich war das auch für ihn keine angenehme Situation und vielleicht war das auch der Grund dafür, dass er sich in den Vorruhestand verabschiedete. Endlich war der Weg frei für eine möglichst lange Leine. Nach einigen Wochen merkte ich jedoch, dass das nicht funktionierte. Die Verkaufssachbearbeiter kamen mir eher vor wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen. In von mir geführten Mitarbeitergesprächen stellte ich fest: Die Mitarbeiter waren nicht an das Führen an der langen Leine gewöhnt und hatten keinerlei Erfahrung mit »Verantwortung übernehmen« und »Entscheidungen treffen«, eigene Ideen einzubringen oder sich einfach mal etwas zu trauen und mutig zu sein. Also habe ich die Leine etwas eingeholt und nach und nach im Laufe von Monaten die Mitarbeiter langsam in die neue Freiheit geführt.

Freiheiten für Mitarbeiter in der Führung

Für manche Mitarbeiter war es sehr einfach, mit dieser neu gewonnenen Freiheit umzugehen. Manche kamen damit nur sehr, sehr schwer zurecht. Heute – Jahrzehnte später – weiß ich, dass es daran liegt, dass unterschiedliche Menschentypen auch unterschiedliche Führungsstile benötigen. Es gibt Mitarbeiter, die brauchen eine lange Leine, es gibt Mitarbeiter, die brauchen eine kürzere Leine. Grundsätzlich gilt: Sie müssen Ihren Führungsstil dem Mitarbeiter anpassen, nicht umgekehrt. Die Zeiten sind lange vorbei, dass Sie Ihr Ding machen können und Ihre Mitarbeiter sich Ihnen anpassen sollen. Das macht Führen hoch anspruchsvoll. Was damals bei mir im Verkauf passiert ist, war ein echter Kulturwandel für die Mitarbeiter. Ich möchte Ihnen gerne ein weiteres Beispiel erzählen. Diesmal eine Geschichte aus meiner Tätigkeit als Organisationsberater. Einer meiner Kunden besetzte die Position des CFO neu. Nach ein paar Monaten wandte sich dieser CFO an mich, mit der Bitte um Unterstützung. Er habe irgendwie das Gefühl, dass ihm seine Leute nicht folgen würden. Die Stimmung sei irgendwie merkwürdig. Er führe die Mannschaft doch sehr menschlich, aber es komme keine rechte Teamstimmung, so wie er sich das vorstellt, auf. Ich führte mit ihm und seinem Team einen Workshop durch und es stellte sich folgende Ursache für diese Situation heraus. Sein Vorgänger fühlte sich scheinbar nie als Teil des Vorstands. Er fühlte sich immer als etwas Besseres und kommunizierte das im Alltag auch genauso an sein Team. „Die Kollegen aus dem Vorstand machen alles falsch“, „Die anderen Abteilungen haben nix im Griff“, „Wir sind hier in dem Laden die Besten, ohne uns läuft hier Garnichts“. Dass und vieles Mehr hörten sich seine Mitarbeiter täglich an. Daraus entwickelte sich ein Silo-Denken in diesem Bereich. Hinzu kam noch die Tatsache, dass dieses Team in einem anderen Gebäude, als der Rest des Unternehmens untergebracht war. Bessere Voraussetzungen das Silodenken zu leben gab es also kaum. Das ging sogar so weit, dass der Vorgänger sich als Beschützer seiner Mitarbeiter im „täglichen Überlebenskampf gegen die Anderen“ positionierte. Der neue CFO hatte eine komplett andere Haltung. Er fühlte sich als wertvoller Teil des Vorstands und des gesamten Unternehmens. So kommunizierte er mit seinem Team und auch den anderen Bereichen. Plötzlich war der Schutz weg, den die Mitarbeiter für so überlebenswichtig hielten. Unsicherheit, Unverständnis und Misstrauen machte sich breit. Nachdem das im Workshop von allen Beteiligten erkannt wurde, war es möglich das Verhältnis zwischen dem CFO und seinem Team auf neue Beine zu stellen.

Wenn Sie also als Führungskraft eine neue Abteilung übernehmen oder einen neuen Bereich bekommen, seien Sie sich bitte darüber im Klaren, dass das durchaus auch einen Kulturwandel mit sich bringen kann. Deshalb ist es sehr hilfreich, sich darüber bewusst zu werden, wie der Führungsstil des Vorgängers war. Daraus haben sich Verhaltensweisen der Mitarbeiter entwickelt und es bestehen entsprechende Erwartungshaltungen an Sie als Führungskraft.

Fazit: Sie als Führungskraft müssen Ihren Führungsstil jeweils dem Mitarbeiter entsprechend anpassen – nicht umgekehrt. Die Übernahme einer neuen Abteilung oder eines Bereichs kann einen Kulturwandel einleiten. Das macht die Auseinandersetzung mit der Führungskultur des Vorgängers unumgänglich, um Konflikte im Vorhinein abzuwenden.

Bleiben Sie fokussiert!

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