Steuerlicher Digitalisierungsindex 2018: Italien, Irland und Ungarn sind die attraktivsten Standorte für digitale Geschäftsmodelle in der EU – zumindest aus steuerlicher Sicht / Deutschland auf dem letzten Platz: Leichter Rückgang der Steuerlast reicht nicht, um im Standortwettbewerb mitzuhalten / Zahlreiche Länder locken mit großzügigen Steueranreizen
Deutschland verliert im Standortwettbewerb um digitale Investitionen an Boden: Auf der Rangliste der Länder, welche die Steuerexperten von PwC in Kooperation mit dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und der Universität Mannheim in einer aktuellen Gemeinschaftsstudie analysieren, ist die größte Volkswirtschaft der EU vom 31. auf den 33. und damit letzten Platz abgerutscht. Die ersten drei Plätze belegten wie im Vorjahr Italien, Irland und Ungarn, wobei Italien Irland von der Spitze verdrängte. Neben den 28 EU-Staaten haben die Experten von PwC, ZEW und der Uni Mannheim für den „Steuerlichen Digitalisierungsindex 2018“ Japan, Kanada, Norwegen, Schweiz und die USA analysiert. Im Fokus stand die Frage, wie attraktiv die Steuersysteme für Investitionen in digitale Geschäftsmodelle sind.
Verschärfter Steuerwettbewerb
Der Analyse zufolge ist der durchschnittliche effektive Steuersatz für digitale Investitionen in Deutschland zwar im Vergleich zum Vorjahr leicht auf 22,2 Prozent gesunken. „Das hat angesichts des verschärften internationalen Standortwettbewerbs aber nicht gereicht, um gegenüber anderen Ländern aufzuholen – im Gegenteil“, sagt Frank Schmidt, Partner und Leiter der Tax & Legal Praxis von PwC Frankfurt. Die geringe Standortattraktivität sei zum einen auf einen Tarifsteuersatz von mehr als 31 Prozent zurückzuführen, der Deutschland inzwischen zu einem Hochsteuerland mache. „Zudem gibt es hierzulande nur wenige Steueranreize, die auf digitale Geschäftsmodelle von Unternehmen zugeschnitten sind“, so Schmidt. Zum Beispiel existiere bislang keine steuerliche Förderung für Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E).
IP-Boxen von Irland bis Zypern
Vielerorts sieht das anders aus: Zu den beliebtesten Steuervorteilen, mit denen Staaten um Digital-Unternehmen werben, zählen der Studie zufolge großzügige Abschreibungsregeln für immaterielle Wirtschaftsgüter sowie eine gezielte Forschungsförderung. „Steuerliche Anreize für F&E-Aktivitäten sowie die daraus erzielten Erträge beeinflussen die Standortattraktivität erheblich“, sagt Christoph Spengel, Professor für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Mannheim und Research Associate beim ZEW. Darüber hinaus locken zahlreiche Länder – darunter neben Italien, Irland und Ungarn auch Belgien, die Niederlande und die Schweiz – mit „Intellectual-Property-Boxen“ (IP-Boxen). „Das bedeutet, dass der Fiskus Einkünfte aus immateriellen Wirtschaftsgütern wie selbsterstellter Software deutlich niedriger besteuert oder – gemessen an Effektivsteuersätzen – sogar subventioniert“, sagt Spengel.
Letzteres gilt laut der Gemeinschaftsstudie für Malta; bei den übrigen IP-Boxen rangieren die Steuersätze zwischen 2,5 (Schweiz, Zypern) und 16,8 Prozent (Frankreich). Im Endeffekt können also zahlreiche Staaten gezielt mit stark ermäßigten Sätzen für bestimmte Einkünfte werben.
Fiskus subventioniert Investitionen
Angesichts weit verbreiteter, großzügiger Steuervorteile liegt der effektive Durchschnittssteuersatz für Investitionen in digitale Geschäftsmodelle bei 8,9 Prozent. In Italien, Irland, Ungarn und Litauen werden digitale Investitionen der Studie zufolge gemessen an den Effektivsteuersätzen sogar vom Staat subventioniert. Zum Vergleich: Investitionen in traditionelle Geschäftsmodelle sind im Schnitt einem Effektivsteuersatz von rund 21 Prozent ausgesetzt. Auffällig ist, dass auch vergleichbare europäische Volkswirtschaften wie Frankreich und Großbritannien mit Effektivsätzen im einstelligen Bereich deutlich günstiger sind als Deutschland. Japan und die USA weisen dagegen ähnlich hohe Steuerlasten auf und landeten deshalb beim „Steuerlichen Digitalisierungsindex 2018“ ebenfalls weit hinten.
Steuerreform: USA holen kräftig auf
Berücksichtigt man den Rechtsstand in den USA seit 2018, also nach der Steuerreform, würden die USA deutlich weiter vorne liegen – voraussichtlich sogar auf Platz Drei. „Das liegt insbesondere am neuen Sondersteuersatz für im Ausland generierte Gewinne, die auf Investitionen mit US-Inlandsbezug zurückgehen“, erklärt PwC-Partner Schmidt.
Deutschland könnte somit weiter an Boden verlieren – was die Gefahr birgt, dass Unternehmen mit ihren digitalen Geschäftsmodellen abwandern oder von vorneherein einen anderen Standort wählen. „Die hohe Mobilität digitaler Geschäftsmodelle und die Möglichkeit, internationale Märkte ohne signifikante physische Präsenz zu bedienen, machen die Besteuerung zu einem entscheidenden Faktor für die Standortwahl“, sagt Schmidt. „Aufgrund ihrer schlanken Struktur profitierten gerade Plattform-Modelle von günstigeren fiskalischen Rahmenbedingungen.“
Erschwerend hinzu kommt aus deutscher Perspektive, dass es auch bei nicht-steuerlichen Standortfaktoren wie der digitalen Infrastruktur derzeit nicht gerade rosig aussieht: Deutschland landet bei diesbezüglichen Vergleichsstudien regelmäßig nur im Mittelfeld. Die Gemeinschaftsstudie „Steuerlicher Digitalisierungsindex 2018“ finden Sie hier zum Download: www.pwc.de/digitalisierungsindex.
(ots)
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