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IT-Plattformen sterben durch Urheberrechtsreform

von ARKM Zentralredaktion

Dirk Dreyer-Hochstein: „Upload-Filter töten die Meinungsfreiheit“

Köln, 2. April 2019.

„Die Meinungsfreiheit wird eingeschränkt. Relevante Inhalte von Millionen Internet-Usern werden blockiert. Die Demokratie ist in Gefahr, Pluralismus und Meinungsvielfalt leiden. Wir werden ein Massensterben von Plattformen und IT-Unternehmen erleben.“ Das zumindest befürchtet der freiberufliche Software-Entwickler und Kölner Netzaktivist Dirk Dreyer-Hochstein. Anlass seiner Bewertung ist die Annahme der neuen Urheberrechtsreform durch das Europäische Parlament. Diese werde zu Upload-Filtern führen und damit zu Zensur. Kaum ein Kommentar, Social-Media-Post oder Fachbeitrag werde den Weg ins Netz finden, stünde damit nicht mehr zur Verfügung. Eine Befürchtung, die den massiven Unmut sowohl von IT-Experten als auch und vor allem von jungen Wählern hervorruft. Die Bundesregierung ist nun gefordert, sich auf den Koalitionsvertrag zu besinnen und die Umsetzung der Urheberrechtsreform noch zu verhindern, sagt der IT-Profi, der sich besonders gegen diese „unsinnige Richtlinie“ engagiert.

Eine Erkenntnis der letzten Tage sei, dass unsere Politik durch Lobbyisten so stark korrumpiert ist, dass nicht einmal mehr der Protest einer großen Menge Menschen und IT-Experten Politiker zum Umdenken bringe, so der inzwischen stark politisierte Software-Entwicklungs-Coach Dreyer-Hochstein. „Die Upload-Filter werden kommen. Sogenannter User-Generated-Content, also Inhalte, die die breite Netzgemeinde selbst produziert und die nicht aus den Verlagshäusern kommt, wird kaum noch eine Chance haben“, ist sich der IT-Kenner auch aus seiner täglichen Praxis sicher. Seit Jahren berät und begleitet er Unternehmen im Rahmen von Software-Projekten, kennt sich aus mit sozialen Netzwerken sowie technischer und kommunikativer Interaktion.

Dreyer-Hochstein stellt fest: „IT-Experten und die Internet-Community sind sich einig, dass es aufgrund der schieren Masse an Uploads von User-Generated-Content keine sinnvolle Alternative geben wird.“ Allein bei YouTube würden minütlich mehr als 400 Stunden Video-Material hochgeladen. Da YouTube schon heute einen eigenen Filter einsetze, nämlich die sogenannte ContentID, deren Entwicklung rund 100 Mio. Dollar gekostet hat, wird sich für YouTube nicht viel ändern. Vernichtender allerdings werde sich die Richtlinie bei anderen Plattformen auswirken.

Kleine IT-Unternehmen, Plattformen und Portale könnten sich derart hohe Investitionen nicht leisten. Die Reform bedrohe eben gerade die, die man zu schützen vorgebe. „Google, Facebook und andere große Anbieter werden Alternativen finden. Die kleinen werden daran zerbrechen“, ist sich der IT-Kenner sicher. Diese werden sich weder die Lizensierung aller Werke noch die Anschaffung von Filtersoftware leisten können.

Was Dreyer-Hochstein besonders stört: „Die Befürworter haben die Gegner der Richtlinie durch ‚Trumpsche Methoden‘ diffamiert, beleidigt und als ferngesteuert dargestellt.“ Das Kuriose daran sei, dass die vielfach von den IT-Experten angedrohten Upload-Filter zuerst als nicht notwendig, dann als möglich und nach der erfolgreichen Abstimmung als sehr wahrscheinlich, aber unschädlich für die allgemeine und im Grundgesetzt verankerte Meinungsfreiheit dargestellt wurden.

Noch, so Dreyer-Hochstein, gebe es zwei Möglichkeiten das Ganze zu stoppen oder zumindest die Folgen abzumildern. Zum einen könnte sowohl die Bundesregierung als auch eine Mehrheit anderer EU-Staaten die Upload-Filter noch als unverhältnismäßige Maßnahmen ausschließen und ganz gegen die Urheberrechtsreform stimmen, zum anderen wäre eine Modifizierung in der nationalen Umsetzung durch den deutschen Bundestag möglich. „Der Wahnsinn kann noch gestoppt werden“, appelliert der Netzaktivist.

Dreyer-Hochstein engagiert sich auch in anderen drängenden Fragen der Netzpolitik und der IT, sieht sich als IT-Erklärer und -Aufklärer. „Die Urheberrechtsform ist nur die Spitze des Eisbergs. Immer mehr werden Entscheidungen die IT und die sozialen Netzwerke betreffend von Menschen in der Politik getroffen, die sich längt von den Anwendern und der Web-Kultur entfernt haben“, lautet sein Fazit.

Weitere Meinungen, Statements und Analysen rund um die Themen IT, Software und agile Meinungsbildung im Netz sowie Antworten auf Fragen der Software-Architektur und Software-Entwicklung gibt es unter www.software-development.io.

 

Hintergrund:

Dirk Dreyer-Hochstein lebt in Köln, ist freiberufliche Software-Entwickler und Netzaktivist. Er berät mittlere Unternehmen im Rahmen von IT-Projekten.

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