Der Corona-Virus hat nun auch die globalen Finanzmärkte infiziert. Die Börsen erlebten diese Woche einen schwarzen Montag, der Ölpreis seinen stärksten Tagesrückgang seit dem Golfkrieg 1991. Zum Zeitpunkt des Virus-Ausbruchs war die Weltkonjunktur nach einer Abkühlung im vergangenen Jahr eigentlich auf dem Weg der zyklischen Erholung: Die konjunkturellen Daten waren im Februar weitgehend robust. Der nationale Einkaufsmanager-Index in den USA, die Arbeitsmarktdaten und die Aktivität im Immobilienmarkt entwickelten sich positiv. Der vom COVID-19-Virus ausgelöste freie Fall der chinesischen Frühindikatoren fiel in der Umfrage des ifo-Instituts und für die Daten der Euro-Zone noch nicht ins Gewicht. Die März-Zahlen zeigen jedoch: All diese Daten sind nun Makulatur und das zarte Pflänzchen Konjunkturerholung, das in den vergangenen Monaten wachsen konnte, muss ad acta gelegt werden.
Die Unsicherheit ist dementsprechend groß. Mit Blick auf die pandemische Ausbreitung des Virus erwartet Richard Zellmann, Geschäftsführer von First Private Investment Management, in den kommenden Wochen jedoch die folgenden makroökonomischen Entwicklungen:
„1. Negative Nachrichtenlage belastet das Konsumentenvertrauen weltweit
In den kommenden Wochen wird das Konsumentenvertrauen weltweit leiden. Insbesondere in den USA werden die Verluste am Aktienmarkt spürbar werden. Nicht nur psychologische Belastungen, auch faktische Angebotsengpässe werden in der Industrie ihre Spuren hinterlassen. Die Nachrichtenlage wird also zunächst negativ bleiben.
Die gute Nachricht: Die konjunkturelle Abkühlung beginnt nicht am Peak eines Konjunkturzyklus, sondern hatte schon vorher eingesetzt, so dass die Märkte sich mit diesem Szenario bereits auseinandersetzen mussten. Eine Rezession ist zwar nun kaum noch zu verhindern, die Tiefe des Einschnitts bleibt jedoch offen.
2. Aktives Gegensteuern durch expansive Fiskal- und Geldpolitik
Es werden sowohl von fiskal-, als auch von geldpolitischer Seite signifikant expansive Impulse gesetzt werden. China hat bereits fiskalisch vorgelegt. Die US-Notenbank hat mit der ersten deutlichen Zinssenkung um 0,5 Prozent reagiert. Weitere Zentralbanken werden folgen – und dabei einmal mehr auch zu unkonventionellen Maßnahmen greifen. Damit werden Angebotsengpässe beziehungsweise Lücken in den Lieferketten zwar nicht zu kompensieren sein. Die Maßnahmen werden aber umso wichtiger, je bedeutender das Risiko eines nachgelagerten Credit Crunch ist.
3. Ölpreis-Sturz ist Risiko für US-High-Yield-Anleihen
Der Einbruch des Ölpreises von über 30 Prozent wird langfristig wirken und realwirtschaftliche Auswirkungen auf viele ölproduzierende Schwellenländer und Ölfirmen haben. Hinzu kommt, dass der US-High-Yield Anleihemarkt von Energieunternehmen dominiert wird. Viele der betroffenen Unternehmen könnten beim derzeitigen Ölpreis in Konkurs gehen. Eine Kettenreaktion im Bereich Corporate Credit ist derzeit noch nicht auszuschließen.
Doch auch hier eine gute Nachricht: Der markante Rückgang beim Ölpreis wird auf mittlere Sicht allerdings auch konjunkturstabilisierend wirken.“
Überwindung der Krise bietet Konjunkturimpulse und Chance auf Nachholeffekte
Zellmann weiter: „Für einige der aktuellen Fragestellungen gibt es keine schnellen Lösungen. Die Volatilität wird für eine Weile unüblich hoch bleiben. Zudem ist aktuell entscheidend, die Risiken einer Liquiditätskrise genau zu beobachten. Alle eingeleiteten oder noch zu veranlassenden Maßnahmen werden jedoch mittelfristig einen deutlichen Konjunkturimpuls auslösen, der aus der Rezession herausführt. Märkte und Aktienmärkte nehmen Rezessionen mit hoher Geschwindigkeit vorweg, um dann in eine breit angelegte Erholungsphase zu münden. Bei Überwindung der Virus-Krise wird es deshalb Nachholeffekte geben, die einen Teil des Rückschlags kompensieren dürften.“
First Private Portfolios: Leichte Anpassungen und gezielte Suche nach Opportunitäten
Bei First Private konnte sich das Gros der Aktienstrategien im Drawdown besser halten als die jeweiligen Benchmarks. In diesem Bereich plant First Private keine wesentlichen Anpassungen, sondern hält nach möglichen Opportunitäten Ausschau. „Mittel- bis langfristig sollten sich aus der erhöhten Volatilität einige Potenziale für Faktor-Outperformance ergeben, beispielsweise im zuletzt schwächeren Dividendenbereich“, so Zellmann.
In den Multi-Strategy-Portfolios, wie etwa dem First Private Wealth, sind die bisherigen Abschläge wesentlich auf die offenen Aktien-Exposures zurückzuführen. In den Portfolios wurden in den letzten Tagen Positionen in sensitiven Alpha-Strategien reduziert, die von einer möglichen Liquiditätskrise betroffen wären. Viele der verlustreichen Strategiepositionen sollten Übertreibungen sein und sich als solche wieder erholen.
Bildquellen
- Richard Zellmann / First Private: First Private