Eine interne Analyse des Kreditversicherers Atradius zeigt, dass das Zahlungsrisiko bei deutschen Bekleidungshändlern kurzfristig spürbar ansteigen könnte. Eine der Ursachen hierfür: die außergewöhnlich warmen Temperaturen in den Herbstmonaten. Diese haben die Umsätze mit Winterartikeln bei zahlreichen Anbietern stark gebremst. Sollte das Wetter in diesem Winter insgesamt mild bleiben, könnte das die Zahl der Zahlungsausfälle und –verzögerungen bei Lieferanten sowohl von stationären als auch von Online-Kleidungshändlern in den kommenden Monaten noch einmal erhöhen.
„Nachdem im Textilhandel bereits das Sommergeschäft aufgrund der zum Teil extremen Hitze bescheiden lief und das Herbstgeschäft hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist, hat nun auch das Schlussquartal 2018 schwierig begonnen„, sagt Michael Karrenberg, Regional Director Risk Services Germany, Central, North, East Europe & Russia/CIS von Atradius. „Die geringeren Umsätze schwächen viele Abnehmer der Branche, die in Deutschland insgesamt zu den anfälligsten für Forderungsausfälle gehört. Ein Grund hierfür ist die häufig geringe Eigenkapitalausstattung vieler Textilunternehmen. Gleichzeitig stellen die hohen Mieten für Geschäftsräume in vielen Städten sowie die langfristigen Laufzeiten von Mietverträgen eine große Belastung für stationäre Anbieter dar. In den vergangenen Jahren ist zudem die Konkurrenz durch das zunehmende Online-Geschäft gestiegen. Das hat die Margen gedrückt. Die warmen Temperaturen bis in den November haben jetzt dazu geführt, dass viele Konsumenten noch keine Winterbekleidung kaufen. Je länger das milde Wetter anhält, desto stürmischer dürften bald die Zeiten bei den Textilhändlern werden.“
Textilbranche: warme Temperaturen nicht der einzige Risikogrund
Die Bekleidungsbranche gehört – neben der Baubranche – zu den risikoreichsten im deutschen Abnehmerportfolio von Atradius. Das Wetter ist aber nicht der einzige Grund, warum zahlreiche Abnehmer aus dem Bereich derzeit unter erhöhtem Druck stehen. Aus Sicht des Kreditversicherers tragen dazu weiterhin die nicht mehr marktgerechten Geschäftsmodelle vieler Unternehmen bei. „Ein großer Teil der Branchenakteure muss sich neu aufstellen, wenn sie ihren finanziellen Verpflichtungen auch künftig nachkommen wollen„, sagt Michael Karrenberg.
Dazu gehöre, so die Einschätzung der Atradius-Handelsexperten, eine optimale Verzahnung von Online-Vertrieb und stationärer Präsenz sowie – wichtiger denn je – eine effizient aufgestellte Logistik. „Wir haben zuletzt auch vermehrt positive Entwicklungen gesehen bei Firmen, die diesen Weg gegangen sind„, erläutert Michael Karrenberg. Dass Kunden Waren einer Firma online bestellen können, daran komme heute kein Modeanbieter mehr vorbei. Gleichzeitig möchten viele Konsumenten den Kauf von Mäntel oder Mützen vor Ort erledigen und die Produkte vorab begutachten. „Auf dieses Kaufverhalten müssen sich Händler einstellen. Einige stationäre Anbieter starten vor diesem Hintergrund bereits Kooperationen mit reinen Online-Häusern. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass das eine Lösung sein könnte.“
(ots)
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