Den Investoren der Internetkonzerne Alphabet, Facebook und Amazon steht der Schrecken noch ins Gesicht geschrieben. Zum Wochenauftakt berichteten US-Medien, dass sich die Kartellwächter des US-Justizministeriums und der ebenfalls in Wettbewerbsfragen versierten Federal Trade Commission (FTC) über ihre Zuständigkeiten für die Internetfirmen ausgetauscht und bereits geeinigt haben. Das reichte aus, den Börsenwert der drei Giganten der Digitalwirtschaft zeitweise um mehr als 150 Mrd. Dollar zu drücken und den Technologiewerteindex Nasdaq auf Korrekturmodus zu stellen, noch bevor der Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses nur wenige Stunden später eine Untersuchung zum Wettbewerb in dem Sektor ankündigte.
Auf den ersten Blick sieht es tatsächlich so aus, als stünden die gefürchteten „Trustbuster“, die unter der Führung des damaligen US-Präsidenten Theodore Roosevelt vor mehr als 100 Jahren mächtige Konzerne wie Standard Oil zerschlagen haben, nach Jahrzehnten des kartellrechtlichen Laissez-faire vor einem Comeback in den USA. Unter Investoren geht jedenfalls die Angst um. Denn im Silicon Valley schöpfen kreative Geister mit Internet-Geschäftsmodellen – wie früher die Ölbarone – aus scheinbar nie versiegenden Quellen, die von Milliarden Nutzern mit persönlichen Daten als „neuem Öl“ gespeist werden.
Die Sorgen sind berechtigt. Denn wenn es im tief gespaltenen Washington derzeit ein Thema gibt, auf das man sich auch über die Parteigrenzen hinweg verständigen kann, dann ist es die Notwendigkeit für mehr Regulierung der Internetkonzerne. Das verheißt 18 Monate vor dem nächsten großen Wahltag in den USA wenig Gutes, da die Branche schon in den vergangenen anderthalb Jahren von allen Seiten abgewatscht wurde.
Eine Zerschlagung der Konzerne, die unter anderem die US-Demokratin Elizabeth Warren fordert, wird trotzdem noch auf Jahre hinaus nur zur Debatte und nicht zur Entscheidung stehen, selbst wenn sich Warren 2020 unerwartet im Kampf um das Weiße Haus durchsetzen sollte. Denn seit den glorreichen Zeiten der Trustbuster hat sich im US-Wettbewerbsrecht nicht mehr viel getan. Es gilt unter anderem die vor mehr als 40 Jahren eingeführte Doktrin, dass sich der Missbrauch von Marktmacht in erster Linie an zu hohen Preisen für die Verbraucher festmachen lässt. Sie ist unter den Bedingungen der Internetökonomie weitgehend nutzlos. Vor einem Comeback müssen die US-Kartellwächter ihr Werkzeug für das 21. Jahrhundert aktualisieren.
(Börsen-Zeitung, 05.06.2019)
(ots)
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